von hk
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16 Mai, 2024
Gegenwärtiger Wahlkampf. Unendlich viele Plakate mit Bildern der Kandidaten. Sprüche, noch und nöcher. Was „sagt“ uns das? Wäre es nicht eher „erhellend“ wenn sich die Kandidaten selbst ein Spiegel gegenübergestellt hätten? Wie lange hätten sie sich selbst ausgehalten? Wann hätten sie sich narzisstisch in das eigene Spiegelbild „verliebt“ und gar nicht mehr kandidiert? Wann wäre ihnen aufgefallen, dass ihre Sprüche kaum oder gar nicht zu ihrem „Bild“ (dem innerlichen wie dem äußerlichen) passen – und hätten sie sich dann nicht über sich selbst befreiend „kaputt“ gelacht: So – und nun alles noch mal von vorn? Ich weiß es nicht. Lustig wäre es alle Mal. Wer spricht, redet, diskutiert, debattiert, interviewt spricht immer auch über sich selbst. Alle Sprechereignisse sind stets durch die Persönlichkeit des Sprechenden bestimmt. Es ist die Persönlichkeit, die sicher hinter dem steht, was sie sagt. Sage was und wie du willst, nur stehe dazu. Gut da stehst Du nun. Welches Bild gibst Du ab? Was sehen die anderen in und von Dir? Es gibt so viele Menschenbilder wie es Menschen auf dieser Erde gibt. Viele Wissenschaftler haben sich bemüht verschiedene „Menschenbilder“ zu katalogisieren, die zu den unterschiedlichsten Zeiten und für den unterschiedlichsten Nutzen Bedeutung hatten und manchmal auch heute noch haben. Sie alle sind sinnig wie genauso unsinnig. Was aber gilt. Und wie erkennen wir „das Menschenbild“? Schwer. Nach meiner Meinung eines wirklichkeitsbezogenen, menschlichen und ethischen Menschenbildes entspricht im Wesentlichen der Mensch, der die Merkmale Orientierung, Integration, Zentrierung in seiner Persönlichkeit realisiert. Menschen die diese Merkmale ausgeprägt besitzen, sind wahrscheinlich kommunikations-, konflikt- und entscheidungsfähiger als der Durchschnitt der Menschen - und umgekehrt. Die orientierte Persönlichkeit ist der Mensch, der sich an seiner Realität orientiert und dementsprechend realitätsorientiert handelt. Es ist der ICH-starke, autonome Mensch. Die integrierte Persönlichkeit ist eine Person, die sich von allen wesentlichen Eigenschaften her, die sie real hat, definiert. Sie hat bereits klar die Frage beantwortet: Wer bin ich? und lebt das auch. Zentriert ist eine Persönlichkeit dann, wenn die bewussten und unbewussten inneren Handlungsgründe (= Motive) weitgehend übereinstimmen, z.B. lebt und handelt aus ihrer Wesensmitte heraus bei gleicher Beanspruchung der rechten wie linken Gehirnhälfte und bleibt trotz negativer, äußerer Erfahrung in sich ruhend, trotz Belastungssituation verliert sie nicht die Identität und neigt nicht dazu, soziale Probleme durch Flucht oder Rückzug zu lösen. Sie verarmt nicht in ihrer emotionalen Erlebnisfähigkeit. Wir strahlen das aus, was wir tief in uns tragen. Stimmt das? JA und NEIN. Befreunden Sie sich allmählich mit dem Gedanken, dass Sie fast ausschließlich danach beurteilt werden, wie Sie auf andere wirken, dem FREMD-BILD oder SPIEGELBILD, selten danach, wie Sie sich selbst sehen oder fühlen, dem SELBST-BILD. Sie sind nicht der der Sie meinen, der Sie sind oder glauben, dass die anderen Sie so sehen. Wer Sie sind, sagen Ihnen immer die anderen. Was wir sind, unser Geldbeutel. Wir werden jedoch nicht nur nach unserem Äußeren oder dem gesamten Erscheinungsbild eingestuft, sondern viel stärker nach unserem realen sozialen Verhalten. Bei den meisten Menschen besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem SELBST-BILD und dem FREMD-BILD. So erhält die Beschäftigung mit der eigenen Persönlichkeit einen neuen Impuls, eine neue Intension. Was für andere nicht erkennbar ist, das ist nicht. Gibt es eine Möglichkeit diese Diskrepanz zu verringern, z.B. FEEDBACK? Anscheinend, denn „Feedback“ ist üblich, modisch, findet sich in den unterschiedlichsten Methoden und Bezeichnungen wieder. Nur, können wir wirklich etwas damit anfangen? Und wenn ja, was? „Feedback“ hat einen festen Platz in unserer Lebenswelt gefunden zur Erklärung sozialer Beziehungen. Es soll den Wert des Verständnisses innerhalb eines bestimmten sozialen Status erklären können und dadurch helfen erwünschte Kommunikationsformen zu verwenden und sprachliche Änderungsprozesse leichter umsetzen. Besonders in konfliktbesetzten Interaktionen. Ist das aber wirklich möglich? Nun eher nicht, denn solange es Menschen auf dieser Erde gibt, gibt es auch Vorstellungen von dem Menschen. Menschenbilder eben. Das heißt: Ich kann meist nur das in und an einem Menschen sehen, was meiner „Welt“ entspricht. Feedback sagt also nur etwas über mich selbst aus und (fast) niemals über den, dem ich ein Feedback gebe. Bin ich der, der ich glaube, der ich bin? Antworten zu finden ist deshalb so schwer, weil die meisten Menschen noch nicht einmal ihr ICH verwirklicht haben. Sie mussten vor sich selbst und anderen ein anderer sein. Die meisten Menschen leben aus ihrem Ego heraus. So klaffen Selbstbild und Fremdbild bei den meisten Menschen ziemlich auseinander. Und das Spiegelbild? Videoanalysen können dabei hilfreich sein. Das Anschauen bringt Licht in das Dunkel des ICH, in die Verwirrung des Änderns. Anschauen und Erkennen können, dass es gut ist, wie es ist, ist ein Weg zum eigenen Bewusstsein. Der Mensch kann nur in seinem Bewusstsein lernen, reifen, erleben und erfahren. Jeder Wahrnehmung- und Verarbeitungsprozess geschieht innerhalb dessen. Wir strahlen das aus, was tief in uns tragen. Wenn eine Erkenntnis zutrifft, macht sie betroffen. Da jedoch bei allen Menschen die Kritikfähigkeit und die Kritikmöglichkeit unterschiedlich ausgeprägt sind, sollte jede Kritik sich selbst, als auch anderen gegenüber immer relativ formuliert sein, nie absolut. Wenn Feedback, wenn diese Rückmeldungen wirklichen Sinn haben soll, dann allenfalls als Mosaiksteine zum Fremdbild. Das Bild des Menschen wird klarer. Es war einmal ein Mann in einem Dorf, der hatte eine seltene Augenkrankheit. Der Mann war während der letzten dreißig Jahre seines Lebens blind gewesen. Eines Tages kam ein berühmter Arzt ins Dorf, dem man den Fall vorlegte. Der Doktor versicherte, dass mit einer Operation der Mann sein Augenlicht wieder zurückgewinnen könne. Seine Frau, die sich alt und hässlich fand, war dagegen. (Jorge Bucay „Komm ich erzähl dir eine Geschichte“ Seite 266) Es ist an sich genug das Falsche als falsch zu sehen, denn diese Erkenntnis wird unseren Sinn von dem Falschen befreien." (Krisnamurti)