Im ersten Teil „Worte verwirren, wo sie nicht hingehören“ ging es um die Worte als Möglichkeit der Verwirrung.
Hier geht es mehr um die Sprache an sich, also mehrere Wörter in einem Zusammenhang, mindestens als ein Satz.
Ganz besonders vor dem Hintergrund der oft kolportierten Meinung „Das haben die oder das hat der nicht richtig kommuniziert!“
Äh? Wenn ich will, dass jemand versteht, um was es geht, dann verwende ich die jeweilige Sprache mit den jeweiligen Worten.
Folglich kommuniziere ich richtig! Oder? Anscheinend gilt es weiterhin die Fragen zu klären: Sind Worte Wege zueinander?
Kommuniziere ich richtig? Nächster Versuch einer Antwort.
Sprache ist zunächst gesprochenes Wort. Um Worte, Sprache real werden zu lassen müssen bestimmte Sprechwerkzeuge (Stimmbänder, Lippen, Zunge...) in Bewegung gesetzt werden. Man tut den Mund auf und gibt Lautgebilde von sich, die aufgrund einer Vereinbarung von Mitmenschen hingenommen und manchmal verstanden werden. Sprache sind die gesprochenen und/oder geschriebenen Laute und Zeichen, die entsprechend der jeweiligen kulturellen Reife einer Gemeinschaft, die Gedanken verständlich machen, um so einen Zugang zur Kenntnis der Dinge zu erhalten. Sprache unterliegt den Bedingungen von Wandlung und Entwicklung. Sie ist Prozess. Sie dient der Verständigung der Menschen untereinander durch Vermittlung von Informationen.
Über diesen Zweck hinaus ist sie auch die Menge aller Ausdrucksmittel,
die dem Sprechenden zur Verfügung stehen,
· generell die Art und Weise zu formulieren und sich auszudrücken,
· der sprachliche konkrete Ausdruck des Denkens,
· die Fertigkeit der Überzeugung wie auch der Überredung,
· der Träger von Informationen,
· das Mittel, um menschliche Beziehungen herzustellen und ihnen Ausdruck zu verleihen,
· ein Medium für Dichtung und Fantasie.
Dazu gehören auch Ausdruckszeichen, insofern sie Mitteilungscharakter haben, also auch die Körpersprache. Deshalb ist Sprache zuallererst auf die Gemeinschaft ausgerichtet. Inhalt, Gesprächsstoff sind zunächst zweitrangig. Wir sprechen miteinander über "Belangloses", blödeln gar und schließen Freundschaften fürs Leben. Dennoch ist es wichtig, in der jeweiligen Situation, Zeit, Ort entsprechend, Gesprächsstoffe so sorgsam auszuwählen, über die dann eine unmittelbare Übereinstimmung möglich ist. Der Sinn jedoch ist oft entscheidender als die „Buchstäblichkeit“ des Gesagten. Also kann die Sprechfähigkeit, die Kommunikationsfähigkeit eines Individuums daran gemessen werden, wie sie die Sprache in den verschiedenen Situationen des Alltags anwendet.
Die richtige, die natürliche, die gebrauchte Sprache ist nicht kunstvoll, abstrakt, verrenkt, sondern ist genau der spezielle Ausdruck für das, was gerade gemeint ist. Gebrauchssprache ist nicht Kosmetik, sondern eher Körperpflege.
Sprechleistung ist die höfliche Umschreibung für das, was man so den ganzen Tag zusammenschwätzt. Alles, auch Worte an den Freund, als Befehl, Bitte, Beratung, Lüge, Hoffnung...; auch Worte als Ergebnis konkreter Lebenserfahrung und auch Worte lediglich als Experimente mit der Wahrheit?! Wir sprechen, verwenden Worte, können aber auch etwas entstellt wiedergeben - absichtlich oder infolge der Unfähigkeit, etwas auszudrücken. Sprache dient nicht nur der Klarheit, sie dient oftmals dem Verschleiern von Gedanken, gar der Lüge.
Sind das jetzt schon Wege zueinander?