von hk
•
25 Apr., 2024
In einigen „Kommunikationsseminaren“ lernst Du mit Menschen und Worten manipulativ umzugehen, eventuell auch dadurch Aufmerksamkeit zu gewinnen. In persönlichkeitsbildenden Seminaren der Rhetorik und Dialektik lernst Du wie Du mit viel Freude und Niveau immer so sprechen kannst, dass Du ganz viele sympathische Partner findest, die Dir zuhören und entsprechend handeln. Das das gelingt brauchst Du deren Aufmerksamkeit. Aber kannst Du deren Aufmerksamkeit erlangen, gewinnen? Führen durch das Wort wird dadurch elementar. Kommunizieren kann jeder, einige sind gar Schönredner, andere eher „Sabbelheinis“, aber wenige können ein bezaubernder Meister des dialektischen oder erzählenden Gespräches sein. Vermutlich deshalb will man „Aufmerksamkeit gewinnen“, mit Tricks, List und Tücke (man nennt das auch Motivation). Der Mensch der Gegenwart ist besonders gefährdet, seine Kommunikationsfähigkeit manipulierend einzusetzen (im Großen wie im Kleinen, Privat wie im Beruf, National wie International), weil ihm nützlicher als sein Wesen sein Ansehen im Glanze brillanter Bilanzen, höchster Leistungen und strahlender Bestätigung in Medien erscheint. Wird doch einzel-egoistisches Verhalten, einseitige Nutzenorientiertheit und Funktionalität eher belohnt als soziales Verhalten. Das Bedürfnis nach Perfektion und Dominanz wird unerschöpflich. Meist drückt sich das durch Wort-Gewalt aus. Dieses bedeutet jedoch Krieg. Oder etwas harmloser: Statt zu informieren gibt es eher „Informationsdiät“. Auf alle Fälle lässt sich so weniger Aufmerksamkeit gewinnen (wenn es das überhaupt möglich ist). Achtsamkeit, Wertschätzung, Respekt für Menschen und für die Sache wirksam werden zu lassen. Was notwendig ist, damit uns jemand zuhört und uns möglicherweise durch seine Handlungen folgt. Im privaten wie betrieblichen wie auch gesellschaftlichen Alltag kommt es weniger darauf an, „Wort-Gewalt“ gegen andere zu verwenden oder fantastische Reden zu halten oder exzellent zu sprechen als mehr auf das Miteinander von Menschen, die gemeinsam leben und arbeiten wollen. Jeder unnatürliche, unwissenschaftliche (also manipulative) Sprachgebrauch führt dazu, mehr und mehr von der Wirklichkeit isoliert zu sein. Einsam zu sein! Missbräuchlichen Beeinflussungen durch Vereinfachungen, Zeitraffern und Stereotypen sind so Tür und Tor geöffnet. Aufmerksamkeit gibt es dann eher von der „falschen Seite“. Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Wahrhaftigkeit lassen eher Wertschätzung und Respekt erkennen. Es kommt also nicht darauf an, dass die bessere Rhetorik, geschliffenere Dialektik "siegt", sondern es kommt allein auf die bessere Sache, das bessere, verständliche Argument an, denn das macht dauerhaft Entwicklung und Fortschritt von Systemen (Familie, Betriebe, Institutionen, Nationen) im menschlichen Sinne möglich. „Bessere“ gemeint im Sinne von Wahrhaftigkeit. Der Zweck des Sprechens ist erfüllt: Das Denken in Bewegung zu bringen. Der Nutzen ist der gemeinsame Erkenntnis-Zuwachs. Sprechen zu und mit Menschen ist nicht Show, nicht Theater, nicht Verstellung, sondern zähes Bemühen um den anderen, die Wahrheit, die Sache, das Problem. Jeder Mensch, wenn nicht neurotisch bedingt isoliert, verbringt den größten Teil seiner Zeit in Gruppen. Um sich darin ohne Dominanz und ohne nicht-notwendige Anpassung behaupten zu können, muss man selbst wissen, wer man ist, was man kann und was man aufgrund dessen erfüllen und leisten kann. Das jedoch keineswegs einseitig festgeschrieben (Diplome, akademische Grade, Zeugnisse, Hierarchien, Rollen ...), sondern immer wieder neu als Orientierung in sich selbst, so dass man nie die Angst haben muss, sich verlieren zu können. Das wichtigste Ziel der menschlichen Kommunikation ist die Steigerung persönlicher Gesundheit und Zufriedenheit im Leben. Das gelingt dadurch, dass wir durch ihren realen Gebrauch lernen, uns wirkungsvoller auszudrücken, unsere Denkvorgänge in Ordnung zu bringen und verlässliche Normen für Urteile, Bewertungen und Entscheidungen zu entwickeln. Sie ermöglicht dem Menschen, ohne sich zu verbiegen, immer und zu jeder Zeit den fairen Umgang mit Menschen und Worten. Die einzige Art, wirklich zu kommunizieren, ist, die Wahrheit zu sagen. Wir sollten das immer tun, denn jede Lüge, Halbwahrheit, Notlüge und wie die Unwahrheit auch immer heißen mag, kommt wieder auf uns selbst zurück, denn das, was in uns ist, das geben wir ja auch an andere weiter. Bei jeder Form der Kommunikation - der wahrhaften wie allen anderen - begegnen wir Menschen. Manchmal nur für einen Augenblick, manchmal für Stunden, dann wieder für einige Tage, Wochen, Monate - Wen wir Glück haben, dann begegnen wir einem Menschen, mit dem wir Jahre unseres Lebens gemeinsam gehen können. Manchmal ist es gut zu schweigen. Einfach mal die Klappe halten. Auch wenn‘s einem widerstrebt. Auch wenn man was ganz Wesentliches zu sagen hat. Einfach still sein. In der Stille liegt die Kraft oder wenn der Verstand still wird beginnt das Verstehen! Ich weiß: Präsent zu sein in einer Welt voller Lärm, Anspannung, Sorge, Widersprüche, ist nicht ganz einfach. Sich zu behaupten gegen die Vielschätzer, Schönredner, Alltags-Prahler, Verschwörer, Besorgnisträger und anderen Hilflosen auch nicht. Aber es gibt eine Kraft, die mir hilft, diese laute „Un-Wesentlichkeit“ zu ertragen: „Kraft der Stille“. Gemeint als Zusammenhang von Körper, Geist und Seele. Diese Ganzheit zu spüren, auch dann, wenn mich der Alltag zu überrollen droht. Es geht nicht um Schweigen, nicht um Meditation, sondern es geht um das persönliche, individuelle Können, den Verstand still werden zu lasen. Er muss still werden, weil er den Lebensraum einengt, die Fähigkeit einfach leben zu können minimiert. Leben ist wichtig, nicht bloß nur zu funktionieren. Denn dann wird Leben zur Angst, Angst zur Abwehr, Abwehr zu Stein. Spüre ich mangelnde Zuwendung, dann ist es für mich bedrohend. Ich kann diese Bedrohung noch nicht bewusst machen, es entsteht Angst. Angst zu vermeiden, nicht zu spüren, nicht zu wollen verbraucht Unmengen von Energie. Stille verschafft Kraft. Stille ist ein Teil des eigenen „Ich’s“. Das Wesen der Stille kann durch Worte nicht erfasst werden. In der Stille gehen wir durch das Jetzt hindurch und sehen uns selbst in einem anderen Raum. Ich finde neue Gedanken, neue Worte, neues Zuhören!